Da sind sie schon wieder. Gerade mal zwei Monate ist es erst her, da spielten Kettcar ein kleines Konzert im Gloria und sich dabei gleich auf den dritten Platz meiner besten Konzerte des Jahres Liste. Nun also das Palladium, ausverkauft, 4000 Menschen. Ob das genauso gut funktioniert?
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Als Support k\u00fcndigt Marcus Wiebusch pers\u00f6nlich wie schon beim letzten Mal die wunderbaren Fortuna Ehrenfeld an. Und wie beim letzten Mal schlurft Martin Bechler wieder im gestreiften Schlafanzug und pl\u00fcschigen B\u00e4rentatzenpantoffeln auf die B\u00fchne, das Glas in der Hand, ein poetisches Kratzen in der Stimme. Er kommt hier nicht so gut an wie im Gloria, aber die Songs von Fortuna Ehrenfeld f\u00fchlen sich auch an, als geh\u00f6ren sie in einen kleinen Laden. Da muss man ruhig sein und zuh\u00f6ren und ab und zu mal laut zustimmen.<\/p>\n

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Aber daf\u00fcr sind wir ja heute auch nicht hier, wir warten auf Kettcar. Mit einem herzlichen L\u00e4cheln und \u201eK\u00f6ln, du alte Lady\u201c betreten sie die B\u00fchne und uns wird warm in der Brust. Wir sind nicht Hamburg, das ist klar, aber trotzdem verbindet uns doch was. \u00dcberhaupt schwelgen wir heute in Erinnerungen: Die Band denkt zum Beispiel an einen Auftritt 2001 im Luxor zur\u00fcck, als wichtige Plattenfirmaleute im Publikum sein sollten und die Band eines ihrer besten Konzerte gespielt hat. Die wichtigen Herren kamen nicht und Kettcar beschlossen kurzerhand, ihr eigenes Label zu gr\u00fcnden – der Startschuss f\u00fcr das Grandhotel van Cleef.<\/p>\n

Und auch das Publikum liegt sich heute Abend mehr als sonst in den Armen und schwelgt mit verkl\u00e4rtem Blick in die Vergangenheit. Immerhin ist Kettcar f\u00fcr so gut wie alle hier eine Band, deren Musik der Soundtrack zu ganz besonderen Momenten war. Da helfen nat\u00fcrlich auch die emotionalen Texte.
\n\u201eWer ist hier noch unter 30?\u201c fragt Marcus am Beginn des Konzerts und wir lachen laut. Ein paar wenige heben die Hand. \u201eDas sind h\u00f6chstens 5%\u201c, stellt er fest, \u201eund bei dir da bin ich mir nicht sicher, ob du schwindelst\u201c.<\/p>\n

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Und so rasselt Kettcar durch Alben und Songs, die vielen hier viel bedeuten. \u201eBalkon gegen\u00fcber\u201c, \u201eGraceland\u201c und auch schon jetzt \u201eSommer 89\u201c. Das neue Album \u201eIch vs. Wir\u201c reiht sich gut ein in die Kettcar-Alben, die man immer mal wieder auflegt. In der Mitte des Konzerts k\u00fcndigen sie dann ihre drei besonderen Songs an, \u201edie Liebeslieder, die leider nicht immer gut ausgehen\u201c. Es folgen “Rettung”, \u201e48 Stunden\u201c und \u201eBalu\u201c, und die Leute rutschen hier noch ein bisschen enger zusammen. Ein herzliches \u201eHach\u201c liegt in der Luft. Das schrubbelt auf wunderbare Art ganz nah am Pathos vorbei und w\u00e4rmt das Herz im kalten Februar. Ich bin aber auch Fan, was soll ich sagen.<\/p>\n

Politisch wird es nat\u00fcrlich auch immer mal wieder, auch wenn Kettcar es bel\u00e4cheln, wenn sie als politische Band bezeichnet werden. Es f\u00fchlt sich jedenfalls ganz gut an, dass man hier in einem gro\u00dfen Raum mit zumindest \u00e4hnlich denkenden Leuten steht. \u201eHumanismus ist nicht verhandelbar\u201c, sagt die Band, spielt \u201eAnkunftshalle\u201c und das Publikum applaudiert.<\/p>\n

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Bei der Zugabe wollen Kettcar noch \u201eein Cover\u201c spielen, \u201efast Hiphop\u201c, sagen sie. Und auch wenn sie nicht die Band seien, die das Publikum auffordere, Dinge zu tun, k\u00f6nnten wir doch bitte mal alle die Arme in die Luft schmei\u00dfen. Das Cover ist, jaja, \u201eDer Tag wird kommen\u201c und wir lachen uns selbst aus als wir bemerken, dass dieses rhythmische Armwinken beim Kettcar-Publikum wirklich fehl am Platz ist.<\/p>\n

K\u00f6ln, die alte Lady, bedankt sich und singt von Herzen weiter mit. Das k\u00f6nnen wir.<\/p>\n

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